Dienstag, 25. Oktober 2011

Bus, Bus, Bus, Bus, ...


Werde mit dem Auto von der Hacienda nach Patate gebracht, von dort fuhrt der erste Bus einer 9 Tage Reise nach Huaraz in Peru nach Ambato. Der Anschlussbus nach Cuenca (dem Tagesziel) kommt grad als ich aussteige. Den Grossteil der Fahrt kenne ich schon vom Inkatrail, doch diesmal ist es nicht bewolkt und ich kann die traumhafte Andenlandschaft mit weiten Talern bewundern. Cuenca ist eine schone Stadt im Kolonialstil. Hier konnen vermutlich alle Einwohner gleichzeitig ein Eis kaufen und im Internetcafe surfen.


neue Kathedrale Cuenca

Am nachsten Tag 2 Busse nach Vilcabamba. Die Fahrt geht durch das Paramo, relativ trocken, immer weniger Hauser und viele Nadelbaume. Nahe Vilcabamba fallt mir sofort der Hausberg auf, ein paar Stunden spater gehe ich schon den oft nur 60cm breiten Grat entlang und klettere Richtung Gipfel.

die 360º Aussicht ist fantastisch

Es ist sehr mediterran, die Berge sind ausserst trocken mit Dornenbuschen (die meine Beine etwas zerkratzen), Kakteen, Bananen- und Kaffeeplantagen. Am nachsten Tag unternehme ich eine 8h Wanderung. Komme dabei durch ein kleines, abgelegenes Dorf und bade in einem Fluss. Danach 5h in affiger Hitze auf einer Schotterpiste zuruck. Zur Belohnung gibts im von Deutschen gefuhrten Hostal Gulasch mit Spatzle. Das ist eigentlich nicht meine Art, weil ich mich lieber von den regionalen Kostlichkeiten ernahre. Nachdem ich auf der Hacienda gut gemastet wurde, fehlt mir oft der zweite, dritte Teller Hauptspeise.
Der nachste Morgen startet fruh um uber die Grenze nach Peru zu kommen. Habe mir wieder einen kleinen, ausserst relaxten Grenzubergang ausgesucht. Gemeinsam mit einem Paar aus Neuseeland (die nachste Reise ist bereits gecheckt ;) ) sollte es 6h lang im Bus nach Zumba gehen. Der Teufelskerl von Fahrer schaffts allerdings in nichteinmal 4,5h. Stadt auf den nachsten Bus zu warten, teilen wir ein Taxi zur Grenze.



Wo wir auf der anderen Seite auf ein Sammeltaxi warten mussen. Eines zum nachsten Dorf und von dort ein anderes nach San Ignacio. Die Dinge laufen hier etwas anders, aber die Leute sind sehr nett und helfen uns weiter. Wir haben die hohen Anden verlassen und befinden uns in hugelig, steiniger Landschaft, nur am Fluss entlang ist es grun und es gibt viele Reisfelder. Wir nutzen den Zeitgewinn und fahren in einem Minibus weiter nach Jaen, wo jeder Jugendlicher ein Mototaxi fahrt.

unser Fahrer ist ein jung gebliebener

Nach einer Nacht in einer richtigen Absteige nehmen wir einen Minibus nach Bagua Grande wo schon 2 PKWs auf uns warten. Gemeinsam mit einem Typen teile ich mir den Vordersitz und nach einer nicht gerade langsamen Fahrt finden wir uns wieder in den Bergen in Chachpoyas. In dieser wilden Landschaft am Weg dorthin haben lediglich Mammutherden und Sabelzahntiger gefehlt. Ein weiterer Minibus fuhrt in den kleinen Ort Tingo, von wo wir am nachsten Morgen um 5:00 Uhr die Wanderung zur Prainkastatte Kuelap in Angriff nehmen. Die Statte ist wirklich interessant. Die Vorstellungskraft wie es fruher ausgesehen hat reicht wieder nicht aus ... Eis gibts auch keines.

Haupteingang zu Kuelap

Wir laufen den Berg runter um den Bus nach Leymebamba zu erwischen. Dort besuchen wir ein Museum in dem wir uns standig beim Gahnen erwischen ... war auch eine anstrengende Wanderung. Beim Info einholen fur den Bus am nachsten Morgen kommen wir uns fast vor als mussten wir ein Visum besorgen. Letztlich, nachdem wir schon uberlegt hatten ein Taxi zu nehmen, durfen wir doch mit. Dieser Teil der Fahrt schlangelt sich an einer schmalen Schotterpiste die Berge entlang uber 3 Passe, durch ein tiefes Tal, atemberaubender Aussicht und abwechslungsreicher Landschaft. Nach fast 10h befinden wir uns in Cajamarca, der ersten grossen Stadt wo man selbst furs Pinkeln wieder zahlen muss.

wir schlangeln uns runter zum Fluss und auf der anderen Seite wieder hoch

Eine Delikatesse hier ist Rindshirrn ... ich wage es ... schon paniert schmeckts auch nicht ubel. Weil ich gerade in Probierlaune bin, kommt auch die Landesdelikatesse Meerschweinchen auf den Tisch. Das Tier besteht mehr aus Knochen als essbarem Fleisch, wenigstens gabs reichlich Beilage. Das Reisen mit Scott und Philippa hat einen entscheidenden Vorteil ... ich kann wieder Essensreste abstauben. Auf der Hacienda haben sie schon Essmaschine zu mir gesagt, die Neuseelander nennen mich einfach Mistkubel. Zum Ausgleich profitieren sie von meinen Spanischkenntnissen.

Peruanische Delikatesse: Meerschweinchen

Der nachste Morgen lauft nicht gut, wir finden kein anstandiges Fruhstuck, was wir noch anschaen wollen ist geschlossen, ... nichts wie weg von hier. Wieder ein 10h Bus nach Trujillo am Pazifik. Wir verlassen wieder die Anden und kommen in die Wuste. Selbst die schafft es nicht, dass sich meine Nase von der Fensterscheibe lost. Ich starre ununterbrochen raus und argere mich uber zugezogene Vorhange im Bus, wahrend alle anderen schlafen oder sich die Filme ansehen. Mich faszinieren Landschaft, Natur, Stadte, Dorfer, Menschen, Autos, ... alles was sich halt so herumtreibt am Strassenrand.

typisches Parchen, vielleicht eine Spur kleiner als der Durchschnitt

Trujillo ist ebenfalls schon, besichtigt wird sie nur noch von mir. Scott und Philippa sind zum Strand gefahren. Ich schlendere durch die Strassen und werde von einer Gruppe Einheimischer zum trinken eingeladen. Einer spricht etwas Deutsch ... witzige Truppe.

Plaza de Armas in Trujillo

Der nachste Bus geht nach Chimbote von wo aus ein weiterer durch den felsigen Canyon del Pato nach Huaraz fuhrt.
18 Busse, ca 1000km Luftlinie, 8 Stadte, 3 Wanderungen, 1 Grenzubergang, 9 Tage spater lande ich in Huaraz dem Bergsteigerzentrum in Peru. Eine grossartige Reise die ich jedem weiterempfehlen wurde. Auch vielen Dank an alle Taxifahrer in den Stadten die uns jedesmal mit einem Hupkonzert begrusst haben, da fuhlt man sich gleich wie ein VIP.

Dienstag, 18. Oktober 2011

Abschied von der Hacienda

Nach dem Chimborazo bleibt noch eine Woche in meinem schonen Zuhause auf der Hacienda. Zum ersten Mal ist es morgens klar, es ist trotzdem bewolkt, aber die Wolkenschicht ist hoch uber den hochsten Bergen hier. Somit bietet sich eine phantastische Weitsicht. In San Jorge dem nahen Ort mit Blick auf den Chimborazo frage ich eine Frau ob ich auf das Dach ihres Hauses klettern darf zum fotografieren. Ich sitze uber eine Stunde dort und starre auf die Landschaft. Ich sehe 3 Vulkane, den nahen Tungurahua, den machtigen Chimborazo und in der Ferne den Iliniza Sur. Am Abend gibts dann den endlich mal einen schonen Sonnenuntergang. Obwohl diese schon lange hinter den Bergen verschwunden ist, beleuchtet sie eindrucksvoll die Wolken.

der erste Sonnenuntergang auf der Hacienda

Da der nachste Tag noch schoner war, wolkenloser Himmel am Morgen, bin ich mit Rojelio reiten gegangen. Endlich hatte wiedermal Pferde! Wir sind Richtung Banos geritten, eine touristische Stadt am Fusse des Tungurahua, in einem schonen Tal mit vielen Wasserfallen. Die beiden Hunde Luke und Blue haben uns den ganzen Weg lang begleitet. So sind 6 mude Typen am Abend erledigt nach Hause gekommen ... zweien hat noch dazu der Hintern ganz schon geschmerzt.

endlich auf einem Pferd und im Hintergrund der machtige Vulkan Tungurahua (er ragt uber 3000m aus seiner Umgebung empor!)

Als Belohnung fur die Strapazen des Ausrittes, hat die Sonne am Abend die Wolken dunkelrot gefarbt. Die Hunde schlafen zu meinen Fussen und ich geniesse das Schauspiel lieber im Stehen.

und noch ein traumhafter Sonnenuntergang, aber diesmal ganz anders

Am Vorletzten Tag hatten die Bauarbeiter ¨Saft¨ aus Zuckerrohr ... an dem Zeug kann man nichtmal riechen! Gemischt mit Orangen-Ananassaft wars immer noch start, aber trinkbar. Mein erster Rausch auf der Reise ... als der O-A-Saft aus war hab ich aufgehort zu trinken ... andere nicht ... die sind dann singend nach Hause getorkelt.
Der letzte Tag stand wieder im Zeichen des Betons und Ziegel. 2 Laster mit Ziegel mussten abgeladen werden und die Decke fur das 2. Geschoss wurde betoniert. Wenn der Zement gerade nicht geflossen ist, habe ich mich an die Menschenkette zum Ziegelschupfen angehangt. Langer Tag mit harter Arbeit ... aber es hat Spass gemacht! Die Arbeiter waren so richtig Dankbar und ich habe ihnen noch ein 2 Kisten Bier spendiert. Leider habe ich einen ordentlichen Batzen Zement ins Auge bekommen und das hat ordentlich geschmerzt. So bliebs fur mich bei einem Bier und danach ins Bett und Augen schliessen.
Am nachsten Morgen, mein Abreisetag, waren bis auf einen alle der Hacienda Angestellten da. Alle wunschen mir eine tolle Reise und ich muss unbedingt mit Marina wiederkommen!

meine Freunde von der Hacienda (Lucy, Rojelio, Hernan, Carmen, Fernando, Carolina, Freddy, Julio, Raul, fehlt nur Javier)
Auch Luke wusste anscheinend was los war. Normalerweise springt er mich immer an wenn er mich sieht und lauft schwanzwedelnd und nervos um mich herum ... heute liegt er nur da schaut. Ich verabschiede mich von ihm, doch er ruhrt sich kaum. So verlasse ich diesen wunderbaren Ort mit einem erfreuten und einem traurigen Auge. Freunde werden getrennt, aber neue Stadte, Busfahrten, Abenteuer und mehr erwarten mich.

Sonntag, 9. Oktober 2011

Chimborazo climb

Die Aufgaben auf der Hacienda variieren zwischen Gartenarbeit, Fassade abklopfen, Teller abwaschen, Betten machen, und vieles viels mehr. Meine Kugelschreiberfinger haben sich schon zu Arbeiterhanden weiterentwickelt. Ich bekomme keine Blasen mehr wenn ich eine Schaufel nur ansehe.

Ich habe die Hacienda wieder furs Wochenende verlassen um mein bisher grosstes Abenteuer anzugehen. Gemeinsam mit einem Guide versuche ich den Vulkan Chimborazo zu erklimmen.

Vulkan Chimborazo von San Jorge nahe der Hacienda


Das Abenteuer startet damit, dass ich noch eine Nacht zur Akklimitasion auf 3850m in der Casa Condor verbringen will. Ich nehme wieder einen bus, es ist bereits finster, sage wo ich hinwill. Der Bus fahrt den Vulkan hoch. Ich werde an der Strasse im Nirgendwo ausgesetzt. Gehe, wiedereinmal im Regen, in die besagte Richtung. Endlich Lichter im dunklen ... jedoch das falsche Haus. Ich muss zuruck zur Strasse und weiter bergab. Die Wolken hangen dicht uber mir ... was das ganze noch dramatischer macht. Ich beeil mich also, komme endlich zu ein paar Hausern mit Licht. Frage mich bei den Leuten durch indem ich sie von der Strasse aus aus dem Haus rufe. Nachdem ich endlich den Herren mit dem Schlussel gefunden habe, kann ich abendessen und schlafen gehen.
In der Nacht habe ich Magenkrampfe und schlimmen Durchfall. Am nachsten Morgen erweist sich das kleine Dorf mit ca 10 Hausern als allereinfachstes Bergdorf. Der Schlusselmann hat zum Gluck ein Handy. Gemeinsam gehen wir einen Hugel hoch um Empfang zu haben und ich kann den Guide anrufen um Medikamente mitzubringen.


Bauernhaus in der nahe meiner Unterkunft in der Casa Condor


Mit dem Guide Patricio fahre ich auf 4800m. Wir checken Equipment, ich nehme die Tabletten und hoch gehts auf 5000m zum Refugio Whymper. Die Sonne scheint und es ist unfassbar heiss. Schnee liegt uberall, nur grosse Steine sind frei, sie sind richtig heiss von der Sonne. Patricio zeigt mir die Route ... ich kann nicht glauben, dass man dort hochgehen kann. Abendessen um 17 und schlafen ab 18 Uhr.


nicht der Gipfel, aber der Weg fuhrt uber den "Hugel" vom Refugio Whymper

Um 22 Uhr Fruhstuck und um 23 starten wir die Besteigung. Ausgestattet mit Helm, Huftgurt, Seil, Eisaxt und Steigeisen gehen wir durch eine wunderschon ruhige Nacht. Der Mond erleuchtet den Berg und mir ist eigentlich warm. Ich gehe locker knapp hinter dem Guide. nach ca 1,5h in der 2ten Pause legen wir die Steigeisen an. Wir kommen bald zu einem steilen Stuck und seilen uns deswegen an. Mit kleinen Schritten gehts hoch. Als wir zu einem Kamm kommen frischt der Wind ein wenig auf und es wird kuhler. Bald befinden wir uns nur noch auf Schnee, es ist sehr steil und absolut kein Ende in Sicht. Der Abstand zum Guide wird langsam grosser, mir wird kalt und ich werde mude. Das Eis-Schnee gemisch bricht oft unter meinen Fussen weg ... daran verzweifle ich fast. Nicht nur, dass der Schritt umsonst war, dadurch bildet sich auch eine Stufe auf die man erst wieder rauf steigen muss ... oftmals bricht auch die unter mir ein.
Ich muss mir oft Pausen nehmen in denen mein Herz rast, ich nach Luft ringe und auf der Stelle einschlafen konnte. Ich schliesse oft die Augen ... meist werde ich durch ruckeln am Seil und den netten Worten "Vamos Senor!" zum weitergehen gebracht. Mein Magen spielt auch verruckt ... ich kann nichts Essen, Trinken ist anstrengend, ... ausserdem weis ich nicht ob er Hunger, Durst, Schmerzen, Krampfe oder Ubelkeit vor Anstrengung hat. Bei ca 5800m sitze ich im Schnee und kann mich nicht mehr erholen, ich sage Patricio ich kann nicht mehr ... er zerrt am Seil und brullt "Venga, venga!" (Komm, komm!). Ich muhe mich auf und schleppe mich elends langsam auf allen Vieren zu ihm hoch. Ich zittere vor Kalte, er gibt mir seine Handschuhe, verstaut meinen Rucksack im Schnee, gibt mir seinen Wanderstock, noch ein paar Schluck eiskaltes Gatorade und weiter gehts. Ich kanns kaum glauben, aber plotzlich kann ich wieder Schritt halten. Ich gehe und gehe, brauche fur so manchen Schritt gefuhlte 5 Sekunden. Kaum zu glauben, aber es wird endlich flacher ... ich kann den Gipfel sehen ... es ist ein weisser Hugel ... leider nicht der auf den wir zuerst kommen, um wieder zu trinken und das Seil abzulegen.
Wir gehen weiter, Patricio nimmt meine Kamera und geht voraus, ich kann ihm unmoglich folgen. Der kleine, nahe Hugel erweist sich als weitere Herausforderung. Ich schnaufe und muhe mich weiter. Nach einer weiteren Stunde stehe ich endlich oben. Es ist 6 Uhr morgens ... 7h und 1300 Hohenmeter schlimmste Schinderei. Ich kanns einfach nicht fassen, dass ich tatsachlich doch noch hier oben stehe.
Der Vulkan Chimborazo ist mit 6310m nicht nur der hochste Berg Ecuadors. Aufgrund der ellipsoiden Form der Erde ist es der Punkt der am weitesten vom Erdmittelpunkt entfernt ist und somit auch der Sonne am nachsten. Die Spitze des Mount Everest ist um ca. 2km der Erdmitte naher ... ware es nicht so bewolkt, hatt ich auf den Winzling runterschauen konnen :)

am Gipfel: ich kanns weder realisieren noch geniessen

Meine Knie zittern heftig, meine Finger schmerzen weil sie gerade warm werden, trotzdem ist mir eiskalt, mein Magen kennt sich nicht aus und mir druckts leicht die Tranen raus ... aus welchem Grund ... keine Ahnung ... Schmerz, Erleichterung, Kalte, etc. ... doch am liebsten wurde ich mich hinlegen und schlafen.
Beim Abstieg gehe ich, wieder am Seil, voraus. Es geht rasant runter ... schnell sind wir bei meinem Rucksack und ich kann wieder Tee statt gefrorenem Gatorade trinken. Ich fuhl mich endlich wieder gut. Das letzte Stuck, das nicht so steil ist und man einfach runter laufen kann, ist wieder sehr anstrengend. Nach 2h Abstieg bin ich totmude zuruck in der Hutte.

Zuruck in Riobamba gibts plotzlich keinen Bus mehr. Bisher bin ich immer einem nach Quito gefahren und einfach ausgestiegen wo ich raus musste, ohne irgendein Problem. Die Busse halten auch uberall um Leute ein- oder aussteigen zu lassen. Ich zucke fast aus auf dem bescheuerten Busbahnhof ... jeder den ich Frage gibt eine andere Auskunft. Letztlich steige ich ohne zu fragen einfach in einen Quitobus ein, zahle wie ublich im Bus und steige aus wo ich will.
Endlich auf der Hacienda lege ich mich fur mehr als 13 Stunden schlafen und werde fast fit wie immer munter.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Hacienda und Inkas


Die Arbeit auf der Hacienda ist abwechslungsreich. Zum anstrengensten und aufregensten gehorte ein Tag an dem ein Pumpwagen und 4 Zementmischer angerauscht sind. Wir haben den ganzen Tag lang die Decken 2er Gebaude betoniert ... das war wahre Knochenarbeit ... noch dazu die meiste Zeit im Nieselregen ... und dann noch ohne Mittagessen! Abends hat keiner einen Krumel im Teller ubrig gelassen. Die Arbeit mit den Menschen macht Spass ... es wird viel geflucht. Das meist gebrauchte Wort ist "Puta" (deutsch: Hure). Ich muss jedesmal lachen wenn es fallt ... und dann lachen die Arbeiter auch. Generell sind es lustige Menschen. Vor allem der Polier durfte ein witziger Typ sein. Meine Spanischkenntnisse werden wirklich besser, aber um mitzulachen reichts nicht aus. Die Ecuadorianer verniedlichen auch sehr viel. Sie sagen z.B. "pequenito", "pequeno" heisst klein. Ausserdem nutzen sie gerne "no mas" (nicht mehr, nicht weiter, ...), das wird an fast jeden Befehl angehangt. Eine Familie (Oma, Mama, 2 Kids) war fur 3 Tage hier als freiwillige Arbeiter. Sie sind aus Sudafrika und reisen fast ein Jahr lang. Sie sind an fremde, eigenstandige Communities und "Permakultur" (nachhaltiger Landwirtschaft, http://de.wikipedia.org/wiki/Permakultur) interessiert, damit haben sie meine Neugierde geweckt. Schon komisch wie sich die Interessen andern, ich wollte auch nur Spanisch lernen um beim Reisen gut voran zu kommen. Durch den Kontakt zu den Einheimischen wurd ichs am liebsten schon perfekt konnen.

Furs Wochenende habe ich dann eine Trekkingtour auf einem Inkapfad geplant. Nach dem Mittagessen habe ich die Busreise nach Alausi gestartet. In einem Bus wurde ein Horrorfilm gezeigt und das obwohl auch kleine Kinder mitfahren. Von der Landschaft kriege ich leider nicht viel mit, der Film lenkt ab und es ist bewolkt bzw. schon finster. Im Bus nach Alausi redet mich die Frau neben mir an. Sie hat ein Zimmer fur mich. Ich nehme gleich an, sie ist unglaublich nett und hilfsbereit. Sie checkt sogar den Transport nach Achupallas, dem Ausgangspunkt meiner Trekkingtour, fur mich. Es gibt dort keine Busse hin. Am nachsten Morgen ist dann der Pick-up leider nicht da. Dafur ein Minivan der, statt wie die Taxis um 15, um nur 1$ hinfahrt. Ich soll einsteigen und nada mas. 1,5h spater sitze ich immer noch an der selben Stelle allein im Bus. Es dauert etwas mehr als 2h bis er dann plotzlich gerammelt voll ist und wir endlich aufbrechen. Meine Stimmung war nicht mehr so gut. Die Landschaft schaffts dann wiedermal ein Lacheln auf mein Gesicht zu zeichnen. In Achupallas findet der Samstagsmarkt statt. Das war so interessant, ich muss aber losgehen, um bevor es finster wird an den Zeltplatz zu kommen.


Markt in Achupallas

Die Frauen sind alle in typischer Kleidung unterwegs. Die Manner eher in Arbeitskluft und in Gummistiefel. Die verfolgen mich schon seit Beginn meiner Reise. Naturlich ist schnell unklar wo der Weg weiter geht. Immerhin, was ganz was neues, die Einheimischen schicken mich alle in die gleiche Richtung. Es ist ein steiniger Weg der durch ein Wirrwarr an Hausern und Garten fuhrt. So mancher Koter fletscht schon sehr verdachtig die Zahne wenn sie meine strammen Wadeln sehen. Stets mit dem Wanderstock im Anschlag und bereit fur einen Kampf :) ... gehts irgendwann doch raus aus dem Labyrinth. Ich bin zwar nicht am geplanten Weg, aber die Richtung stimmt.

Blick zuruck nach Achupallas; der geplante Weg ware im Tal am Fluss entlang

Der Weg ist bald nicht mehr klar erkennbar, es ziehen Wolken auf und bald hagelt es. Gut dass ich auf fast 4000m bin, dadurch fallen die kleinen Korner nicht weit. Es mischt sich bald mit Regen und wiedermal werde ich nass. Am Weg durch eine matschige Wiese versinkt mein Fuss im Schlamm, das hatte ich an der Stelle nicht erwartet. Nach einigen Stunden wirds richtig anstrengend, das Ziel ist erkennbar aber es will und will nicht naher kommen. Der Boden ist klitschnass, durch den Hagel gefroren oder matschig. 1h vor Finsternis komme ich endlich an, baue mein Zelt auf und freue mich uber trockene Sachen und die warme Suppe mit Reis.
Am Morgen beim Offnen des Zeltes sehe ich, dass Eis am Zelt ist. Es gibt warmes Musli mit Nussen und Trockenfruchten und angebratenen Speck! Ihr seht ich achte jetzt auf meine Nahrung.
Weiter geht es wieder durch ein Tal. Die beiden Tage bieten nicht gerade die berauschende Aussicht, aber es ist trotzdem Interessant. Um die Fusse heut trocken zu halten kommt die alte Festivaltaktik zum Einsatz: Plastiksackerl uber die Socken und dann in die Schuhe.

mit meinem 20kg Kumpel am Rucken am hochsten Punkt der Tour mit 4400m

Der Weg ist an dem Tag klar erkennbar, obwohl er sich meist als Fluss tarnt. Es ist echt anstrengend hier zu gehen, ein standiger Balanceakt, unregelmassige Schritte und vollste Konzentration nicht abzurutschen und die nachsten Schritte zu planen.

am Plan ist der Weg neben dem Fluss eingezeichnet; im nachhinein denk ich mir, warum bin ich nicht im Flussbett gegangen :)

Doch es kommt noch schlimmer, die Flachen auf die man steigen kann ohne nass zu werden verschwinden irgendwann komplett und ich gehe nur noch im Wasser. In der Beschreibung heisst es ganz nett: Es konnte matschig sein ... Haha ... die Schuhe sind wiedermal komplett durchtrankt. Achja ... es regnet wieder. Beim positionieren des Steckens fur den nachsten Schritt versinkt dieser bis zum Handgriff im Wasserloch und Schlamm. Auch diesmal wirds richtig anstrengend und ich bin froh das Ziel zu erreichen. In der nahe eines Dorfes schlage ich das Zelt auf. Plaudere mit ein paar Neugierigen, muss mit Kindern schimpfen weil sie einen Stein auf mein Zelt werfen und bin so unglaublich froh im warmen Schlafsack zu liegen und schnell zu schlafen. Aus Angst bestohlen zu werden nehme ich alles mit in mein Zelt.
Ein kleiner Junge schaut mir 1,5h Stunden beim Kochen, Essen und Packen zu. Wir reden zwischendurch bisschen und ich schenke ihm Speck. Es waren ein paar Kinder am Weg die nach einem Geschenk gefragt haben, ihnen habe ich nichts gegeben. Am Weg durchs Dorf gehts durch eine sehr schlammige Strasse. Aufgrund eines bloden Stacheldraht Zauns kann ich nicht ausweichen. Schliesslich stecke ich bis uber den Schuhrand im Schlamm fest. Gut, dass der Zaun da ist, an ihm kann ich mich halten und aus dem Dreck ziehen. Von meinen Schuhen ist vor lauter Schlamm nichts zu sehen. Im nachsten Fluss stelle ich mich rein um sie davon zu befreien. Es geht weiter auf einer schlammig, glitschigen Strasse. Ich rutsche mehr runter als ich gehe.

die Milchboten

Schliesslich komme ich bei den Inka Ruinen von Ingapirca an. Wegen den alten Steinen bin ich zwar nicht gekommen, aber wenn ich schon mal da bin besichtige ich sie. Ich glaube der Clou dabei ist, sich vorzustellen wie die Stadt ausgesehen hat, mit den Leuten und wie das Leben fruher war. Leider schafft das meine Phantasie nicht ... und wo ist eigentlich mein Eis?!

die Inkaruinen bei Ingapirca

typisch gekleidete Frau in den Bauerndorfern

Nach dem Besichtigen gehts zuruck mit dem Bus. Ich habe zu streng kalkuliert und kann mir die Ruckfahrt nicht leisten. Nach einigem Verhandeln darf ich zu einer grossen Stadt mit. Es ist schon dammrig als ich in einem Randviertel aussteigen muss. Habe sofort ein schlechtes Gefuhl. Ein Taxi ist schnell da und ich bin beruhigt. Bis auf die Tatsache, dass ich kein Geld habe. Der Bankomat nimmt wiedermal meine Karte nicht. Der Taxler ist angefressen und ich male mir schon aus wie das Enden wird. Der Zweite spuckt schliesslich doch schone Dollar aus. Im nachsten Bus ist Polizei ... sie filmen alle Passagiere ... ich frage ob es gefahrlich sei nachts im Bus ... ein einfaches "klar" beruhigt mich nicht wirklich. Vor lauter Idylle auf der Hacienda hatte ich schon wieder vergessen wo ich eigentlich bin. Ich verteile das Geld an verschiedene Orten verstecke meine Kamera unterm Hemd und ohne dass was passiert steige ich aus dem Bus aus. Ich warte uber eine Stunde auf den Anschlussbus, doch es kommt keiner. Schliesslich versuche ich die Leute von der Hacienda per Telefon zu erreichen. Ich Feigling habe mir 5 Nummern aufgeschrieben ... trotz aller Absicherung ... es hebt keiner ab. Also fahre ich um 21:00 nach Banos, ein Ort den kein Ecuadorturist auslasst. Ein entscheidender Grund fur mich dort nicht hin zu wollen, doch der Vorteil sind billige Hostels. Totmude falle ich ins Bett.
Am nachsten Morgen fahre ich zuruck zur Hacienda. Die Fahrt ist wunderschon ... vielleicht gebe ich Banos doch eine Chance beim nachsten Mal.

Resumee: Den Inkatrail wurde ich nur Fischen empfehlen. Cool finde ich, dass mich nichts an dem Trekkingtrip auch nur irgendwie aus der Bahn geworfen hat. Ich hab ein derartiges Wurschtigkeitsgefuhl was diese Dinge betrifft, da wundere ich mich oft selbst. Ich argere mich uber meine eigene Dummheit nicht aufs Geld zu achten, oder 10 mal die falsche Tel.Nr. zu wahlen. Richtig nervos machen mich eigentlich andere Menschen.

Und Luke freut sich so richtig, dass ich wieder da bin!