Mittwoch, 5. Oktober 2011

Hacienda und Inkas


Die Arbeit auf der Hacienda ist abwechslungsreich. Zum anstrengensten und aufregensten gehorte ein Tag an dem ein Pumpwagen und 4 Zementmischer angerauscht sind. Wir haben den ganzen Tag lang die Decken 2er Gebaude betoniert ... das war wahre Knochenarbeit ... noch dazu die meiste Zeit im Nieselregen ... und dann noch ohne Mittagessen! Abends hat keiner einen Krumel im Teller ubrig gelassen. Die Arbeit mit den Menschen macht Spass ... es wird viel geflucht. Das meist gebrauchte Wort ist "Puta" (deutsch: Hure). Ich muss jedesmal lachen wenn es fallt ... und dann lachen die Arbeiter auch. Generell sind es lustige Menschen. Vor allem der Polier durfte ein witziger Typ sein. Meine Spanischkenntnisse werden wirklich besser, aber um mitzulachen reichts nicht aus. Die Ecuadorianer verniedlichen auch sehr viel. Sie sagen z.B. "pequenito", "pequeno" heisst klein. Ausserdem nutzen sie gerne "no mas" (nicht mehr, nicht weiter, ...), das wird an fast jeden Befehl angehangt. Eine Familie (Oma, Mama, 2 Kids) war fur 3 Tage hier als freiwillige Arbeiter. Sie sind aus Sudafrika und reisen fast ein Jahr lang. Sie sind an fremde, eigenstandige Communities und "Permakultur" (nachhaltiger Landwirtschaft, http://de.wikipedia.org/wiki/Permakultur) interessiert, damit haben sie meine Neugierde geweckt. Schon komisch wie sich die Interessen andern, ich wollte auch nur Spanisch lernen um beim Reisen gut voran zu kommen. Durch den Kontakt zu den Einheimischen wurd ichs am liebsten schon perfekt konnen.

Furs Wochenende habe ich dann eine Trekkingtour auf einem Inkapfad geplant. Nach dem Mittagessen habe ich die Busreise nach Alausi gestartet. In einem Bus wurde ein Horrorfilm gezeigt und das obwohl auch kleine Kinder mitfahren. Von der Landschaft kriege ich leider nicht viel mit, der Film lenkt ab und es ist bewolkt bzw. schon finster. Im Bus nach Alausi redet mich die Frau neben mir an. Sie hat ein Zimmer fur mich. Ich nehme gleich an, sie ist unglaublich nett und hilfsbereit. Sie checkt sogar den Transport nach Achupallas, dem Ausgangspunkt meiner Trekkingtour, fur mich. Es gibt dort keine Busse hin. Am nachsten Morgen ist dann der Pick-up leider nicht da. Dafur ein Minivan der, statt wie die Taxis um 15, um nur 1$ hinfahrt. Ich soll einsteigen und nada mas. 1,5h spater sitze ich immer noch an der selben Stelle allein im Bus. Es dauert etwas mehr als 2h bis er dann plotzlich gerammelt voll ist und wir endlich aufbrechen. Meine Stimmung war nicht mehr so gut. Die Landschaft schaffts dann wiedermal ein Lacheln auf mein Gesicht zu zeichnen. In Achupallas findet der Samstagsmarkt statt. Das war so interessant, ich muss aber losgehen, um bevor es finster wird an den Zeltplatz zu kommen.


Markt in Achupallas

Die Frauen sind alle in typischer Kleidung unterwegs. Die Manner eher in Arbeitskluft und in Gummistiefel. Die verfolgen mich schon seit Beginn meiner Reise. Naturlich ist schnell unklar wo der Weg weiter geht. Immerhin, was ganz was neues, die Einheimischen schicken mich alle in die gleiche Richtung. Es ist ein steiniger Weg der durch ein Wirrwarr an Hausern und Garten fuhrt. So mancher Koter fletscht schon sehr verdachtig die Zahne wenn sie meine strammen Wadeln sehen. Stets mit dem Wanderstock im Anschlag und bereit fur einen Kampf :) ... gehts irgendwann doch raus aus dem Labyrinth. Ich bin zwar nicht am geplanten Weg, aber die Richtung stimmt.

Blick zuruck nach Achupallas; der geplante Weg ware im Tal am Fluss entlang

Der Weg ist bald nicht mehr klar erkennbar, es ziehen Wolken auf und bald hagelt es. Gut dass ich auf fast 4000m bin, dadurch fallen die kleinen Korner nicht weit. Es mischt sich bald mit Regen und wiedermal werde ich nass. Am Weg durch eine matschige Wiese versinkt mein Fuss im Schlamm, das hatte ich an der Stelle nicht erwartet. Nach einigen Stunden wirds richtig anstrengend, das Ziel ist erkennbar aber es will und will nicht naher kommen. Der Boden ist klitschnass, durch den Hagel gefroren oder matschig. 1h vor Finsternis komme ich endlich an, baue mein Zelt auf und freue mich uber trockene Sachen und die warme Suppe mit Reis.
Am Morgen beim Offnen des Zeltes sehe ich, dass Eis am Zelt ist. Es gibt warmes Musli mit Nussen und Trockenfruchten und angebratenen Speck! Ihr seht ich achte jetzt auf meine Nahrung.
Weiter geht es wieder durch ein Tal. Die beiden Tage bieten nicht gerade die berauschende Aussicht, aber es ist trotzdem Interessant. Um die Fusse heut trocken zu halten kommt die alte Festivaltaktik zum Einsatz: Plastiksackerl uber die Socken und dann in die Schuhe.

mit meinem 20kg Kumpel am Rucken am hochsten Punkt der Tour mit 4400m

Der Weg ist an dem Tag klar erkennbar, obwohl er sich meist als Fluss tarnt. Es ist echt anstrengend hier zu gehen, ein standiger Balanceakt, unregelmassige Schritte und vollste Konzentration nicht abzurutschen und die nachsten Schritte zu planen.

am Plan ist der Weg neben dem Fluss eingezeichnet; im nachhinein denk ich mir, warum bin ich nicht im Flussbett gegangen :)

Doch es kommt noch schlimmer, die Flachen auf die man steigen kann ohne nass zu werden verschwinden irgendwann komplett und ich gehe nur noch im Wasser. In der Beschreibung heisst es ganz nett: Es konnte matschig sein ... Haha ... die Schuhe sind wiedermal komplett durchtrankt. Achja ... es regnet wieder. Beim positionieren des Steckens fur den nachsten Schritt versinkt dieser bis zum Handgriff im Wasserloch und Schlamm. Auch diesmal wirds richtig anstrengend und ich bin froh das Ziel zu erreichen. In der nahe eines Dorfes schlage ich das Zelt auf. Plaudere mit ein paar Neugierigen, muss mit Kindern schimpfen weil sie einen Stein auf mein Zelt werfen und bin so unglaublich froh im warmen Schlafsack zu liegen und schnell zu schlafen. Aus Angst bestohlen zu werden nehme ich alles mit in mein Zelt.
Ein kleiner Junge schaut mir 1,5h Stunden beim Kochen, Essen und Packen zu. Wir reden zwischendurch bisschen und ich schenke ihm Speck. Es waren ein paar Kinder am Weg die nach einem Geschenk gefragt haben, ihnen habe ich nichts gegeben. Am Weg durchs Dorf gehts durch eine sehr schlammige Strasse. Aufgrund eines bloden Stacheldraht Zauns kann ich nicht ausweichen. Schliesslich stecke ich bis uber den Schuhrand im Schlamm fest. Gut, dass der Zaun da ist, an ihm kann ich mich halten und aus dem Dreck ziehen. Von meinen Schuhen ist vor lauter Schlamm nichts zu sehen. Im nachsten Fluss stelle ich mich rein um sie davon zu befreien. Es geht weiter auf einer schlammig, glitschigen Strasse. Ich rutsche mehr runter als ich gehe.

die Milchboten

Schliesslich komme ich bei den Inka Ruinen von Ingapirca an. Wegen den alten Steinen bin ich zwar nicht gekommen, aber wenn ich schon mal da bin besichtige ich sie. Ich glaube der Clou dabei ist, sich vorzustellen wie die Stadt ausgesehen hat, mit den Leuten und wie das Leben fruher war. Leider schafft das meine Phantasie nicht ... und wo ist eigentlich mein Eis?!

die Inkaruinen bei Ingapirca

typisch gekleidete Frau in den Bauerndorfern

Nach dem Besichtigen gehts zuruck mit dem Bus. Ich habe zu streng kalkuliert und kann mir die Ruckfahrt nicht leisten. Nach einigem Verhandeln darf ich zu einer grossen Stadt mit. Es ist schon dammrig als ich in einem Randviertel aussteigen muss. Habe sofort ein schlechtes Gefuhl. Ein Taxi ist schnell da und ich bin beruhigt. Bis auf die Tatsache, dass ich kein Geld habe. Der Bankomat nimmt wiedermal meine Karte nicht. Der Taxler ist angefressen und ich male mir schon aus wie das Enden wird. Der Zweite spuckt schliesslich doch schone Dollar aus. Im nachsten Bus ist Polizei ... sie filmen alle Passagiere ... ich frage ob es gefahrlich sei nachts im Bus ... ein einfaches "klar" beruhigt mich nicht wirklich. Vor lauter Idylle auf der Hacienda hatte ich schon wieder vergessen wo ich eigentlich bin. Ich verteile das Geld an verschiedene Orten verstecke meine Kamera unterm Hemd und ohne dass was passiert steige ich aus dem Bus aus. Ich warte uber eine Stunde auf den Anschlussbus, doch es kommt keiner. Schliesslich versuche ich die Leute von der Hacienda per Telefon zu erreichen. Ich Feigling habe mir 5 Nummern aufgeschrieben ... trotz aller Absicherung ... es hebt keiner ab. Also fahre ich um 21:00 nach Banos, ein Ort den kein Ecuadorturist auslasst. Ein entscheidender Grund fur mich dort nicht hin zu wollen, doch der Vorteil sind billige Hostels. Totmude falle ich ins Bett.
Am nachsten Morgen fahre ich zuruck zur Hacienda. Die Fahrt ist wunderschon ... vielleicht gebe ich Banos doch eine Chance beim nachsten Mal.

Resumee: Den Inkatrail wurde ich nur Fischen empfehlen. Cool finde ich, dass mich nichts an dem Trekkingtrip auch nur irgendwie aus der Bahn geworfen hat. Ich hab ein derartiges Wurschtigkeitsgefuhl was diese Dinge betrifft, da wundere ich mich oft selbst. Ich argere mich uber meine eigene Dummheit nicht aufs Geld zu achten, oder 10 mal die falsche Tel.Nr. zu wahlen. Richtig nervos machen mich eigentlich andere Menschen.

Und Luke freut sich so richtig, dass ich wieder da bin!

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